Ich kannte mal eine Frau, die sich von der äußeren Zufuhr von Bewunderung abhängig gemacht hatte. Sie spielt nur vor Publikum und ihr emotionaler Zustand war nie ganz vorhersehbar. Bekam sie ausreichend Bestätigung, hatte sie das Gefühl, ernst genommen zu werden, wichtig und besonders zu sein und fühlt sich gebührend beachtet, und konnte sehr vergnüglich sein und zuweilen sogar regelrecht anziehend. In einem solchen Fall zeigte sie sich von ihrer charmanten Seite, war großzügig, tolerant und weltmännisch. Sie lief dann immer mit erhobenen Kopf voran, hat ein genüssliches Lächeln auf den Lippen und fühlt sich pudelwohl in ihrer Haut. In einem solchen Augenblick ist die Narzisstin sogar in der Lage, ihrem Partner die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, nach der dieser sich sehnt und die er so dringend benötigt. Das durch äußere Umstände erzeugte Hochgefühl kann animierten sie zu aufregenden Unternehmungen und Abenteuern, die auch das Leben des Partners abwechslungsreicher und lebenswerter machten. Sie zeigte sich von ihrer lebensfrohen Seite und risst andere in ihrer Begeisterung mit. Im Sog des Hochgefühls und seiner Überschwänglichkeit konnte sie unglaublichsten Momente kreieren, die ein Leben an der Seite erstrebenswert erscheinen ließen.
Doch dann folgte als bald die Kritik um intellektuell zu erscheinen zu wollen und so noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen und plötzlich sah sie wie ein Narzisst alles nur noch durch die schwarze Brille: Alles wurde kritisiert, alles ist war nicht gut genug, keiner konnte es ihr recht machen und an allem hat sie etwas auszusetzen. Ihr Hochgefühl schlug regelmäßig in Frust um sie ließ ihre innere Wut in hoch polemischer Form heraus, indem sie andere kritisiert, entwertet oder einfach missachtet. Die Polemik sagte noch einmal deutlich wie sehr es nur darum ging, dass sie gesehen werden wollte. Sie sucht geradezu das Schlechte an jeder Sache, um sich aufregen zu können. Waren die Umstände oder der Anlass noch so freudig: Sie fand mit Sicherheit das Haar in der Suppe.
- Waren ihre Mitmenschen glücklich und zufrieden, vielleicht sogar heiter, während sie mit ihrem inneren Frust alleine war, dann machte sie das rasend eifersüchtig. Es durfte einfach nicht sein, dass andere glücklich sind, während sie innerlich mit ihrer durfte Laune kämpfte. Erst wenn sich die anderen auch schlecht fühlen, ging es ihr wieder besser. Dann spürt sie das erhebende Gefühl von Macht, weil sie andere mit ihrer Laune anstecken konnte, was ihr gleichfalls wieder die Bestätigung gab, etwas Besonderes zu sein.
- Meistens versuchte sie dann, die Stimmung wieder anzuheben, indem sie plötzlich wie auf Kommando locker, entspannt, versöhnlich, gesellig, charmant, witzig oder unternehmungslustig auftrat. So wurde sie dann der Retter des Abends und ging als glänzender Unterhalter in die Geschichtsbücher ein, was ihr zusätzlich als Bestätigung diente.. Auch wenn das plötzliche Umschlagen ihrer Stimmung von einem Moment auf den anderen, für Mitmenschen kaum nachvollziehbar war. Da es keine äußere Anzeige mit sich trug. Andere konnten nicht mitbekommen, wann ihr Tank wieder leer war. Auch scheint der Verbrauch nicht gleichmäßig zu erfolgen, sondern von äußeren Ereignissen abhängig zu sein und sehr verschieden, je nachdem, wie sehr sie unter einer Kränkung oder Missachtung zu leiden schien.
Witze über alles und jeden, die so aussahen als könne man bei dieser tief verletzten Frau vielleicht doch eine humorvolle Natur zu finden, entpuppten sich bei genauem Hinschauen als ein ständiges über alles und jeden lustig machen. Es waren Abwertungen andere Menschen und ihre vermeintlichen Schwächen, sei es im Können, Wissen oder Aussehen. Das das im Umfeld nicht selten zu unangenehmen Situationen führen, bei denen sich andere nicht selten für die frechen Witze schämten war oft an der Tagesordnung. Mal war es aber auch nur Selbstironie und Selbstentwertung, bei denen es aber nur um “Fishing for Kompliments” ging.Manchmal war es aber auch schamlose Bloßstellen anderer im Umfeld – als vermeinten Scherz – um sich selbst – um wirklich jeden Preis – so aufzuwerten oder in den Mittelpunkt zu setzen.
Das Lachen bleibt einem sprichwörtlich “im Hals stecken”. Es passiert nicht selten, dass man erst nach einem Zusammentreffen merkte, wie abwertend die kleinen Kommentare waren.
Ich sprach mit einer Freundin, die eine alten Schulfreundin namens Lisa auf einem Schultreffe gesprochen hatte und danach wach im Bett lag und über das Ehemaligentreffen nachdachte. Wie meinte Lisa das ,fragte sie sich, als sie zu ihrer Frisur sagte “na, jetzt eher was Praktisches, das kann ich verstehen” oder “ich kenne das ja ist alles etwas enger im Alter” zu ihrem neuen Kleid, das sie sich etwa zurechtzupfte, als sie sich hinsetzte. Wie meinte sie das, dachte Lena, war die Frisur nicht schön und ihr Kleid war das wirklich eng? Das saß doch gut. Warum sagte Lisa so was immer, wie meinte sie das, sie waren doch gut bekannt…
Menschen die immer hungrig und auf der Jagd sind, behaupten gern von sich so einen ganz einen besonderen Humor zu haben. Dabei ist es pure Entwertung die als „Humor“ getarnt ist und als Freifahrtschein für schlechtes Benehmen dienen soll.
Was ist nun die Moral von dieser Geschichte?
Der Narzisst neigt dazu, sehr strenge und meist unangemessene Regeln einfach auszurufen, die für andere oft nicht nachvollziehbar sind, kleinlich – zuweilen auch skurril – erscheinen und zudem noch deren gewohnten Freiraum einschränken.
Der Narzisst besteht aber auf die Einhaltung seiner straffen Regeln: Zum einen will er damit seine Macht demonstrieren und zum anderen seine Mitmenschen kontrollieren sowie unerwünschtes Verhalten unterbinden. Er fühlt sich in einer Beziehung nur sicher, wenn alles so läuft, wie er es sich vorstellt. Deswegen ist er auch nicht an Regeln interessiert, die für alle annehmbar sind, sondern nur an solchen, die ihm Sicherheit gewähren und seine Freiheit nicht gefährden. Daher stellt er häufig Regeln auf, die für ihn zwar von Vorteil sind, seine Mitmenschen aber benachteiligen.
In der Folge ist dann zu beobachten, dass sich der Narzisst weder an die Regeln hält, die er selbst aufgestellt hat, noch an die Regeln, die er mit anderen gemeinsam vereinbart hat. Der Narzisst will nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob er eine Regel befolgt, ob er sie ignoriert, ob er sie uminterpretiert oder ob sie für ihn überhaupt gültig ist. Der Narzisst misst mit zweierlei Maß: Was für andere gilt, gilt für ihn noch lange nicht. So kommt es in Alltagssituationen häufig vor, dass der Narzisst nicht bereit ist, anderen die Freiheit und die Privilegien zu gewähren, die er sich selbst zugesteht.
Die Moral von dieser Geschichte ist : Was für andere gilt, muss nicht für den Narzissten gelten. Die Narzisstin hat sich nach ihrem Kindheitstraum eine eigene Welt aufgebaut, in der nur sie regiert und die Anderen dazu da sind, dass sie sich an ihm erregen kann.
Tritt nicht genug Bewunderung ein, oder wagt man es sie zu kritisieren, weil sie für ihr Verhalten keine Verantwortung übernimmt, so brennt sie schnell alle Brücken nieder und läuft immer und immer wieder davon um ihren ewigen Hunger woanders zu stillen.